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Rundbrief des Bundesvorstandes am 09.01.2023

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir wünschen Ihnen ein frohes und gesundes neues Jahr, das hoffentlich weniger turbulent verlaufen wird als die vergangenen. Schon jetzt liegt eine sehr belastende erste Winterhälfte hinter uns. Was es heißt, an einem Montagmorgen von einer Patientenschlange bis zur nächsten Häuserecke erwartet zu werden, das wissen wir alle; die Politik scheint dagegen – trotz aller Gespräche und Zusagen – die alarmierende Lage noch immer nicht zu erkennen. Jedenfalls gibt es keine befriedigende Erklärung dafür, dass unseren Praxen weiterhin nicht adäquat unter die Arme gegriffen wird. Es sollte doch jedem klar sein, dass nur unsere niedrigschwellige Versorgung die Krankenhäuser vor dem Kollaps bewahrt.

Ein „Weiter so!“ ist weder möglich noch werden wir es zulassen! Erste Forderungen, um die Praxen in dieser herausfordernden Infektionswelle kurzfristig und pragmatisch zu unterstützen, hatten wir bereits vor Weihnachten gestellt und in unserem letzten Rundbrief skizziert. Darunter auch, dass wir künftig Fälle, die wir im Zuge der aktuellen Infektionswelle versorgen, mit einer Sonderziffer, vergleichbar zur GOP 88240 in Pandemiehochzeiten, kennzeichnen können und diese extrabudgetär zusätzlich zur MGV vergütet bekommen.

Wichtig: Aktuell gibt es leider noch immer keine Reaktion seitens der Politik oder der Selbstverwaltung, hier eine pragmatische Lösung einzuführen. Es gibt also aktuell keine Ziffer vergleichbar mit der GOP 88240, mit der wir unsere Patientinnen und Patienten im Zuge der aktuellen Infektionswelle kennzeichnen können. Die alte Corona-Sonderziffer ist bekanntermaßen bereits vor einiger Zeit ausgelaufen. Wir werden uns aber weiterhin für diese sinnvolle und einfache Lösung einsetzen!

Unterstützung ist das eine, Vermeidung zusätzlicher Hürden das andere. Seit wenigen Tagen ist die eAU für alle Arbeitgeber Pflicht. Viele Arztpraxen händigen dennoch ihren Patientinnen und Patienten auch weiterhin eine ausgedruckte AU-Bescheinigung für den Arbeitgeber aus – auf Nummer Sicher zu gehen, hat sich in unserer jüngsten Digitalisierungshistorie immer wieder als gute Entscheidung entpuppt. Der zusätzliche Ausdruck gibt Sicherheit, ist aber auch ein Symptom dafür, mit wie viel Mehraufwand die Digitalisierung noch immer einhergeht. Gerade die eAU kostet einfach zu viel Zeit und Nerven – in der aktuellen Belastungsphase ein Unding! Wenn ein Hausarzt etwa 50 Sekunden zusätzlich für die eAU benötigt und 50 Patientinnen und Patienten an einem Montag krankschreibt, geht der Versorgung an diesem Tag etwa eine Dreiviertelstunde Arztzeit verloren.

Das wirft alles natürlich kein gutes Licht auf das für das neue Jahr geplante Digitalisierungsgesetz, mit dem unter anderem die ePA vorangetrieben werden soll. Wir haben unsere Vorstellungen und Forderungen zur ePA in ein Eckpunktepapier gegossen, mit dem wir aktuell aktiv auf die Politik zugehen. Eine praxistaugliche Lösung sollte eigentlich kein Ding der Unmöglichkeit sein – wir hoffen, dass wir hier auf offene Ohren stoßen, schließlich haben wir Hausärztinnen und Hausärzte das Knowhow, welche Daten für die Patientenversorgung wichtig sind und welche nicht!

Daneben wird es natürlich auch in diesem Jahr wieder viel um die Reform der Krankenhäuser gehen, aber auch die ambulante Versorgungsstruktur soll in einem Gesetzesvorhaben angepackt werden. Unsere Wachsamkeit gilt insbesondere Lauterbachs Bemühungen, deutschlandweit Gesundheitskioske zu etablieren. Wild bis gefährlich erscheint uns die darin angelegte Vermischung von Beratung und Versorgung. Letzteres werden die Kioske definitiv nicht leisten können. Übrig bliebe folglich eine weitere Parallelstruktur, die neue Schnittstellen und damit Fehlsteuerung und Versorgungslücken mit sich bringt. Warum stattdessen nicht in bereits gut etablierte Strukturen investiert wird, die seit jeher niedrigschwellig versorgen (indem beispielsweise Sozialberatungsangebote in unseren Praxen gestärkt werden), ist uns schleierhaft.

Hoffen lassen dagegen die ersten Regungen rund um das Thema investorengetragene MVZ. Der Bundesgesundheitsminister hat bereits betont, dass er hier einen Riegel vorschieben will – wir werden darauf hinwirken, dass dies in einer Art und Weise geschieht, die eine bundesweite Kettenbildung durch Kapitalgesellschaften unterbindet. Modelle, die Anstellung und Teamarbeit in hohem Maße ermöglichen, werden immer wichtiger, aber die Zukunft dieser Modelle wie auch der hausärztlichen Versorgung liegt in den Händen der Hausärztinnen und Hausärzte und nicht in denen irgendwelcher Finanzinvestoren!

Nicht zuletzt, gilt es die weiteren GKV-Finanzierungsreformen aufmerksam zu begleiten. Der enorme Finanzdruck bei den Krankenkassen wird neue Sparmaßnahmen mit sich bringen. Natürlich werden wir alles daransetzen, dass nicht die sowieso bereits stark durch Inflation und Energiepreisexplosion belastete ambulante Versorgung dabei noch weiter geschwächt wird. Wer die hausärztliche Versorgung schwächt, wird das Gegenteil von Sparen erreichen. Effizienter als wir arbeitet keiner – uns in unserer koordinierenden Funktion zu stärken, ist wahrscheinlich die zukunftsträchtigste Sparmaßnahme, die die Politik aktuell zur Hand hat!

In diesem Sinne bedanken wir uns bei Ihnen allen für Ihre großartige Arbeit und wünschen einen guten Start ins Jahr 2023!

Mit kollegialen Grüßen

Dr. Markus Beier
Bundesvorsitzender

Prof. Dr. Nicola Buhliger-Göpfarth
Erste stellvertretende Bundesvorsitzende