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Rundbrief an alle Hausärztinnen und Hausärzte

Tricksen und Täuschen der KBV

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit einem Presseseminar am 19. August, versuchte die KBV durch Tricksen und Täuschen Stimmung gegen Hausärzte zu machen. Und zwar genau in der Woche in der die Koalitionsfraktionen über die Beseitigung der Hausarztzentrierten Versorgung diskutieren. Sie legte Zahlen zur hausärztlichen Vergütung vor mit dem Tenor: Hausärzte überhohlen Fachärzte in der Vergütung! Umfrageergebnisse zu den Hausarztverträgen sollen ein schlechtes Stimmungsbild unter den freiwillig teilnehmenden Patienten widerspiegeln.

Aber sowohl die Zahlen zur hausärztlichen Vergütung als auch die Umfrage zu den Hausarztverträgen kommen aus der Statistik-Trickkiste, um eine Politik der Regierung zu flankieren, die darauf zielt, die Hausarztzentrierte Versorgung in Deutschland zu beseitigen.

Nachdem einige der fehlerhaften und manipulierten Zahlen der KBV bereits vorab in einem WELT-Artikel veröffentlicht waren und wir die KBV-Präsentation schnell auf dem Tisch hatten, konnten wir schnell reagieren und die Presse mit Daten und Fakten informieren.

Im Einzelnen:
Die Zahlen zur Entwicklung der Vergütung der ärztlichen Fachgruppen zeigen vor allem Eines: 2009 flossen eine Milliarde Euro in MVZ und fachübergreifende Gemeinschaftspraxen. Das ist die Richtung, in die das Geld der Versicherten durch die Patiomed-Gründer geleitet wird.
Selbst die KBV gesteht mit ihren Zahlen ein, dass die Allgemeinmediziner im unteren Drittel der ärztlichen Vergütungen liegen und somit das Schlusslicht in der Facharztgruppe im hausärztlichen Versorgungsbereich hinter Kinderärzten und Internisten bilden. Und das, obwohl hier die Vergütungen aus Selektivverträgen bereits berücksichtigt sind.
So zeigen uns ausgerechnet die KBV-Zahlen: Die Vergütung aus den HZV-Verträgen ist für uns Hausärzte existenziell wichtig. Erst mit Einführung der HZV sind die hausärztlichen Honorare gestiegen. Und ausgerechnet wir, die die Basisarbeit der ambulanten Versorgung leisten, werden im Kollektivvertrag systematisch abgehängt.

Völlig unberücksichtigt lässt die KBV, dass bei den Allgemeinmedizinern ein größerer Teil der Vergütung als bei anderen Fachgruppen aus Tätigkeiten im Notfalldienst herrührt, die also nach Feierabend, nachts und an Wochenenden geleistet werden.
Selbst die jetzt sichtbaren geringen Erfolge für Hausärzte im
Kollektivvertragssystem konnten in der Vergangenheit nur durch harte Auseinandersetzungen und Eingriffe der Politik erreicht werden (Honorartrennung, Einrichtung des Fachausschusses).

Wenn die KBV vermeldet, nur 17% der Befragten sehen Verbesserungen durch die Teilnahme am Hausarztmodell, stützt sie sich auf insgesamt 970 befragte Personen. Nicht klar wird allerdings, an welchen Hausarztverträgen die Befragten teilnehmen, denn von den gesetzlichen Krankenkassen der KBV-Liste hat außer der AOK nicht eine einzige einen Hausarztvertrag nach § 73b SGB V abgeschlossen. Ein weiteres Chart soll zeigen, was sich mit dem Hausarztmodell verbessert hat. Hier ist allerdings bereits ein bedenklicher Schwund der Datenbasis zu erkennen: Lediglich 164 Befragte sind übrig geblieben. Um zu zeigen, dass 28% das Hausarztmodell für insgesamt komplizierter halten und jeder Fünfte beklagt, dass die freie Arztwahl entfällt, begibt sich die KBV endgültig in abenteuerliche Bereiche der Statistik: Nunmehr bilden 61 Befragte die Datenbasis für diesen Chart.

Wenn jetzt beklagt wird, dass die Förderung der allgemeinmedizinischen Weiterbildung aus dem Kollektivvertragssystem erfolgt, bleibt dabei unberücksichtigt, dass immer noch 100% der Hausärzte Zwangsbeiträge für die Mitgliedschaft in der Körperschaft zahlen und 90% der Vergütungen aus diesem KV-System erhalten. Die KBV vertritt ganz offensichtlich nicht die Interessen der Hausärzte, sondern setzt sie öffentlich dem absurden Vorwurf des Abkassierens aus. Und zwar genau in der Woche, in der die Koalition über die Abschaffung der HZV-Verträge entscheidet.
Hier wird mit Statistiken geblendet, die augenscheinlich unberücksichtigt lassen, dass in den Honoraren des Kollektivvertrags bekannte Überzahlungen in den Quartalen 2009 stattgefunden haben, die aus einer überhöhten bundesweiten Schätzung eines Wachstums von plus 9,7% für 2008 im Verhältnis zu 2007 herrühren. Diese Überzahlungen müssen mit Sicherheit bereits in den nächsten Quartalen wieder zurückgeführt werden.

Die Bereinigung aus den Selektivverträgen, die jetzt in die Gesamtstatistik der KBV eingerechnet wird, kommt bisher nur aus HZV-Verträgen in Bayern und Baden-Württemberg.

Wer im gleichen Atemzug mit solchen Zahlenspielereien behauptet, durch HZV würde die Versorgung nicht verbessert, obwohl dies im krassen Gegensatz zu den Erfahrungen mit der Hausarztzentrierten Versorgung in Bayern und Baden-Württemberg steht, kann nicht glaubhaft machen, dass er sich für die Interessen der Hausärzte und für die Weiterentwicklung ambulanter Versorgungsstrukturen einsetzt.

Zu Ihrer Kenntnis erhalten Sie als Anlage außerdem das heutige Schreiben des
Vorsitzenden des Bayerischen Hausärzteverbandes, Herrn Dr. Wolfgang Hoppenthaller an Bundesminister Rösler.

Herzliche Grüße
Ulrich Weigeldt

 Brief von Dr. Hoppenthaller an Bundesgesundheitsminister Rösler

 Rundbrief von Ulrich Weigeldt