Nachrichten Details

Rundbrief des Bundesvorstandes am 22.08.2023

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

an den lauten Protestrufen der Ärzteschaft ist diese Tage keiner vorbeigekommen. Gemeinsam mit KVen, KBV und anderen Verbänden zeigten auch wir vergangenen Freitag beim Krisentreffen der Ärzte- und Psychotherapeutenschaft Flagge, um auf die Missstände in unserem Gesundheitssystem hinzuweisen und uns für die längst überfällige Stärkung der ambulanten Versorgung einzusetzen.

Als Ihr Verband war es uns dabei wichtig, nicht nur Protest auszudrücken, sondern klare Forderungen für eine finanzielle wie strukturelle Stärkung Ihrer Arbeit zur Hand zu haben – und diese in Politik und Öffentlichkeit zu platzieren, etwa über gezielte Pressearbeit:

FAZ: „Hausärzte verlangen 10 Prozent mehr Honorar“ – Christian Geinitz (09.08.23):
„Es braucht eine faire Anpassung im zweistelligen Prozentbereich“, sagte der Bundesvorsitzende Markus Beier. Die Praxiskosten seien „explodiert wie seit Jahrzehnten nicht mehr“, Miet-, Energie- und Personalkosten hätten ein Rekordniveau erreicht. In anderen Berufszweigen sei die Inflation zumindest zum Teil abgefedert worden. Demgegenüber seien die niedergelassenen Ärzte „mit lächerlichen 2 Prozent abgespeist worden“. Dies dürfe sich dieses Mal auf keinen Fall wiederholen. „Auch die Krankenkassenbürokraten müssen irgendwann einmal verstehen, dass ein System ohne eine angemessen finanzierte ambulante Versorgungsebene teurer und nicht günstiger wird.“

Änd.de: „Wir dürfen nicht nur Drohszenarien aufbauen, die im Nichts verpuffen“ – Interview Marco Münster (14.08.23):
„Wir üben einen der schönsten Berufe aus, die es gibt – aber wir tragen auch eine Menge Verantwortung als behandelnde Ärztinnen und Ärzte, als Selbstständige, als Chefinnen und Chefs! Seit Jahren müssen wir zusehen, wie der Workload wächst und wächst, während unsere Arbeit immer mehr an Wert verliert. […] Jetzt haben wir ein Limit erreicht. Es geht längst nicht mehr um Frust, es geht um die Zukunft unserer Praxen und der Patientenversorgung.“

Über Funke Mediengruppe: „Ärztehopping – Hausärzte bringen Bonus [für ein freiwilliges hausärztliches Primärarztsystem] ins Spiel“ – Dirk Breyvogel (16.08.23)
u.a. BR24; Deutschlandfunk; hier aus: ntv.de, tno/AFP (15.08.23):

Buhlinger-Göpfahrt [sic!] räumte ein, dass es "nicht wie bisher weiter gehen" könne und dass der Vorstoß der CDU Bewegung in eine dringend notwendige Diskussion bringe. Die Hausärzte plädierten für mehr Steuerung und wollten dafür auch Anreize schaffen, betonte sie. "Mit einem hausärztlichen Primärarztsystem, in dem Patientinnen und Patienten immer zuerst zu ihrer festen Hausärztin oder Hausarzt gehen, lässt sich das Chaos am besten in den Griff kriegen", führte die Vize-Verbandsvorsitzende aus. […] Der Verband fordert deshalb den Ausbau des Modells der Hausarzt-Verträge. "Konkret sollten Versicherte, die sich für diese bessere und effizientere Versorgung entscheiden, einen Bonus erhalten.“

Ärzte Zeitung: „Ärzte und Psychotherapeuten rüsten sich für Krisengipfel“ – Thomas Hommel (18.08.23):
Der Chef des Deutschen Hausärzteverbands, Dr. Markus Beier, betonte, außer einem Kosten- und Inflationsausgleich brauche es eine Umstrukturierung des Honorarsystems in der Regelversorgung. Nötig seien dafür eine Abkehr von der Quartalslogik im Vergütungssystem, faire Strukturpauschalen und die konsequente Förderung hausärztlicher Patientenkoordination. In der ambulanten Versorgung bröckele es „an allen Ecken und Enden“, so Beier.

Pressestatement „Beginnende Honorarverhandlungen“ – Dr. Markus Beier (09.08.23):
"Es braucht eine faire Anpassung im zweistelligen Prozentbereich. Andernfalls werden die Kolleginnen und Kollegen schlicht und einfach mit den Füßen abstimmen und sich nach Alternativen umschauen. Das wäre für die Versorgung der Menschen fatal.“

„Was viele Kolleginnen und Kollegen zu Recht besonders ärgert, ist, dass die Politik Millionen und Milliarden für teure und unsinnige Parallelstrukturen ausgibt, während die, die tagtäglich die Patientinnen und Patienten versorgen, im Regen stehen gelassen werden.“

Pressestatement „Krisentreffen“ – Dr. Markus Beier (18.08.23):
„An allen Ecken und Enden bröckelt es – der Empfangstresen unbesetzt, die Zeit im Sprechzimmer knapp, jede Investition, sei es in Praxis, Mitarbeitende oder Versorgung, ein mühsames Hin- und Hergerechne. Die Lage wird sich weiter zuspitzen, wenn der ärztliche Nachwuchs abgeschreckt wird und die älteren Kolleginnen und Kollegen doch lieber in die Rente gehen als ihre Praxen für ihre Patientinnen und Patienten offen zu halten.“

„Das Bundesgesundheitsministerium muss jetzt handeln und die notwendigen Reformen anstoßen! Die Kostenträger sind in der Pflicht, die erforderlichen Mittel zur Stabilisierung der Versorgung zur Verfügung zu stellen! Auch das Bundesfinanzministerium ist gefordert, mit einem angemessenen Zuschuss aus Bundesmitteln eine solide Finanzierung des Solidarsystems zu gewährleisten und dringend notwendige Reformvorhaben nicht auszubremsen.“

Das gemeinsame Signal der versammelten Ärzteschaft war und ist wichtig, denn nur vereint konnten wir die Dringlichkeit der Lage der ambulanten Versorgung verdeutlichen. Dies ist uns gelungen, jetzt sind die politischen Verantwortlichen am Zug!

Vielerorts werden derweil bereits die nächsten Protestaktionen geplant. Teilnahme oder Nicht-Teilnahme – an erster Stelle steht für uns dabei natürlich Ihr Interesse, denn nicht nur das Signal selbst ist wichtig, sondern auch das, was dahintersteht. Gleiche Herausforderungen wollen nicht immer auf die gleiche Weise angegangen werden und viel zur oft droht dabei die hausärztliche Versorgung am Ende unter die Räder zu kommen – etwa mit Blick auf die Entbudgetierung, die in der von vielen Facharztverbänden und auch großen Teilen der KBV geforderten Form den Hausärztinnen und Hausärzten mehr schaden als nutzen würde. Oder auch beim Thema Weiterbildung, bei der wir keineswegs mehr von unseren Forderungen abrücken dürfen, um nicht die dringend notwendige Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium auf den letzten Metern zu riskieren.

Es gilt also solidarisch, aber auch wachsam zu sein, denn die Vergangenheit hat uns leider viel zu oft gelehrt, dass die hausärztliche Stärkung, sobald es ans Eingemachte geht, allzu schnell als Erstes kippt – und das ist nicht tolerierbar! Wir bleiben für Sie laut und klar und wachsam!

Mit kollegialen Grüßen

Dr. Markus Beier
Bundesvorsitzender

Prof. Dr. Nicola Buhliger-Göpfarth
Erste stellvertretende Bundesvorsitzende